Reinecke Carl: 2 SONATEN OP 275

Reinecke Carl: 2 SONATEN OP 275
Der deutsche Komponist, Pianist und Dirigent Carl Reinecke (1824-1910) weist ein so umfang- wie facettenreiches Schaffen auf, in dem das Klavierwerk eine besondere Stellung einnimmt. Für Reinecke blieb zeitlebens die Wiener Klassik, und hier allen voran Mozart, das unverrückbare Vorbild seiner stilistischen wie musikästhetischen Überzeugungen. Reineckes Vertrautheit mit den klanglichen wie technischen Möglichkeiten des Klaviers wurde weithin geschätzt. Auf die Anregung, seine Symphonien für eine Version zu zwei Klavieren anzufertigen, soll Robert Schumann geantwortet haben: „Das kann ich nicht, da musst du den Reinecke fragen, der kann das besser“. Was das Klavierschaffen betrifft, so orientierte sich Reinecke insbesondere an der Klangsprache Schumanns, gleichwohl sind in seinen späteren Werken auch satztechnische Einflüsse von Chopin und Brahms erkennbar. Die Werke für Klavier erfreuten sich zeitlebens großer Beliebtheit, was auch mit ihrer programmatischen Überzeugungskraft einhergeht. Weniger vielleicht im Metier der großen Form (Sonate, Variation) als im kleinen Lyrischen Klavierstück dokumentieren sich Reineckes kompositorisches Einfühlungs- und Darstellungsvermögen.
Die vier Jahre vor Reineckes Tod entstandenen Sonaten für zwei Klaviere op. 275 repräsentieren Werke aus der spätromantischen Tradition, die wiederum auf die unverrückbare Orientierung des Komponisten an den Idealen der klassisch-romantischen Stilistik verweisen. Unbeirrt hält Reinecke hier an der traditionellen Form und Klangsprache (etwa einer Schumann) fest. Die G-Dur-Sonate ist drei-, die C-Dur-Sonate viersätzig angelegt, wobei letztere ein effektvolles Menuett im „Al antico“-Stil aufweist. Hier dokumentiert sich Reineckes Anlehnung an der Musik älterer Provenienz – Innovation durch Traditionsbezug, so könnte die Formel dieses Satzes lauten. Der spieltechnische Anspruch der Sonaten ist sicherlich nicht zu unterschätzen, jedoch wird jeder, der sich auf die Werke einlässt, einen profunden Einblick in die leider heute allzu vergessene Klavierpoetik des zu seiner Zeit hochbedeutenden Tonsetzers erhalten.

Sonate I (G dur):
1. Andante con moto
2. Menuetto. Moderato
3. Finale. Lento ma non troppo

Sonate II (C dur)
1. Allegro moderato
2. Adagio
3. Al antico: Menuetto e Paduana. Grave
4. Finale. Allegro ma non troppo