Raff Joachim: CAVATINA OP 85/3

Dass der lange in Vergessenheit geratene Joseph Joachim Raff (1822-1882) als wichtiger Komponist heute wiederentdeckt wird, seine Werke verstärkt aufgeführt und eingespielt werden, ist sehr erfreulich, denn die schöpferischen Fähigkeiten Raffs, die insbesondere von Felix Mendelssohn-Bartholdy, Franz Liszt und Hans von Bülow gesehen, und entsprechend gefördert wurden, ließen ihn in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer der angesehensten Komponistenpersönlichkeiten heranwachsen. Das unglaubliche künstlerische Potenzial und ungemein solides Handwerk hat seinen Niederschlag im umfangreichen Werkkatalog gefunden, der neben einem stattlichen Klavierwerk, zahlreicher Kammer- und Orchestermusik sowie Opern gefunden.
1859 entstanden die ‚6 Morceaux op. 85‘ für Violine und Klavier, eine Sammlung von Charakterstücken, die dem Salon nahestehen und in klanglicher Hinsicht mitunter sehr reizvoll sind. Raff versteht es dabei, künstlerische Inspiration und solides Handwerk in Einklang zu bringen, der musikalischen Ausgestaltung, die nach außen hin durchaus „genrehaft“ wirkt und einem bestimmten, geltenden Zeitgeschmack verbunden ist, in stilistischer Hinsicht etwas sehr Individuelles und Persönliches abzuringen.
Die CAVATINA OP 85/3, ein betont melodisch tragendes Stück liedhaften Charakters ragt aus dem Verbund des Op. 85 als besonders gelungene Nummer von ganz außergewöhnlichem Charme heraus: die Solo-Violine entspinnt hier eine mitunter sehr sentimental und beinahe unendliche melodische Linie in verschiedene Lagen weit aus, verdichtet sie gegen Ende sogar zur Zweistimmigkeit.
Tomislav Butorac ist der Herausgeber der ‚Cavatina‘ in Originalfassung ‚Violine und Klavier‘. Die Violinstimme ist bezeichnet (Fingersätze u.a.).